MIST! WIR HABEN EINEN ALLERGIKER IN UNSEREM FREUNDESKREIS

ODER AM EIGENEN TELLERRAND ENDET DER HORIZONT

Steffen brachte das glutenfreie Mehl extra vorbei. Dabei erwähnte ich nur einmal im Vorfeld des angekündigten gemütlichen Abends mit Quiche und was dazu gehört, dass ein ganzes Kilo bei mir nie aufgebraucht werden würde. Denn wer, außer ihm . . .

Pünktlich machte ich mich ans Werk. Die Gäste wollten gegen Acht kommen. Dann wäre die Quiche gerade fertig, könnte frisch aus dem Ofen serviert werden. Zudem würde der Duft aus dem Ofen sich in der Wohnung ausbreiten und die Sinne erfreuen, den Appetit wecken.

Ich hatte die Zutaten wie gewohnt beisammen. Nur das Mehl, es war irgendwie anders, bildete ich mir ein. Es schien sogar anders zu riechen.

Aber nein, hör auf zu spinnen! sagte ich mir selbst und tat es zu den anderen Zutaten. Aber es passierte nicht das, was passieren sollte. Ich rührte und es ergab keinen Teig. Komisch! Ich tat mehr vom Mehl hinzu. Schon hatte ich eine klumpige krümelige Masse in der Schüssel.

„Das wird nie ein Teig!“

Ich knetete weiter, immer weiter. Irgendwann musste doch daraus etwas Vernünftiges werden. Schweiß tropfte von meiner Stirn in die Schüssel. Rund um den Tropfen schien sich Teig zu formen. Auch an meiner nunmehr kraftlosen, aber verschwitzten Hand tat sich etwas. So entschied ich mehr Flüssigkeit zu nehmen.

Kaum hatte ich sie jedoch in der Schüssel, umschwamm sie den Klumpen, wollte sich nicht mit ihm vereinigen, als hätte er die Krätze oder sonst etwas abstoßendes.

Es dauerte, kostete noch mehr Schweiß, dann hatte ich eine homogene Masse in der Schüssel. Nur leider viel zu dünn. Ich tat also wieder von diesem Mehl dazu und überlegte schon, ob ich nicht etwas Kartoffelstärke nehmen sollte. Die kannte ich, die war mir wohl gesonnen.

Überglücklich war ich, als endlich der Teig in der Form war, wenigstens so einigermaßen sich an den Rand schmiegte, sich von meinen Fingern gelöst hatte.

Routiniert stellte ich die Füllung her. Die Zutaten dafür schnitt ich allerdings in aller Eile, nicht so korrekt wie gewohnt.

Es klingelte an der Tür.

Ich warf alles auf einmal in die Form. Ja, ich hatte schon schönere Quiches zubereitet! Schnell öffnete ich erst die Ofen-, dann die Wohnungstür. Regine und Mike traten ein.

Die Küche sah aus! Hier konnte ich niemanden hinein lassen. Dabei hatte ich den Tisch schon so schön gedeckt. Schnell trug ich alles hinüber zum Sofatisch. Auf die Zubereitung des Salates musste ich verzichten.

Aber die Suppe war schon fertig. Antje und Marcel kamen verspätet, doch gerade rechtzeitig. Sie wunderten sich nur ein wenig, warum wir am Sofa Platz nahmen und in leicht gebückter Haltung unser Mahl einnahmen.

Das Telefon klingelte. Steffen sagte ab, glaubte sich krank, unpässlich, habe wohl was falsches gegessen. Da hätte ich doch die Suppe etwas abbinden können, kam mir als erstes in den Sinn, was ich aber ihm gegenüber verschwieg. Ich legte auf, informierte die anderen Gäste. So erhoben wir die Gläser auf das Wohl des Abwesenden.

Nun brachte ich die heiße Quiche auf den Tisch. Der Rand sah komisch aus. Ich berichtete von den Qualen der Herstellung durch das andere Mehl. Dann versuchte ich aus dem Runden Ecken zu schneiden. Aber es ließ sich kein vernünftiger Schnitt durchführen.

„Verdammtes Messer!“ Ich ging in die Küche und holte das Brotmesser. Entschlossen setzte ich es an, schoss fast die Quiche über den Tisch.

„Was hackst du so auf den Kuchen ein?“ Meine Gäste waren entsetzt.

„Verdammtes Mehl!“ Ich säbelte weiter bis ich endlich auf jedem Teller ein Stück auflegen konnte.

„Nun esst! Und keiner lässt den Rand liegen. Lasst auch nichts einfach unter den Tisch fallen. Denn ich habe keinen Hund. Außerdem würde ein Hund so etwas eh nicht haben wollen! Also esst!“

„Hoffentlich bekommen wir keine Pickel von dem glutenfreien Mehl.“ Ein erleichtertes Lachen folgte.

Aber die vier stocherten nur in ihren Stücken mit der Gabel herum. Ich ging mit gutem Beispiel und schlechten Manieren voran, tat so, als ob es mir schmecken würde.

Was hatten sie nur? So schlimm war es nun auch wieder nicht. Gut, der Teig schmeckte wie aufgeweichte Bierdeckel. Aber der Rest, sah weitaus schlechter aus, als er schmeckte.

„Ist das Tomate da?“

Natürlich war es Tomate!

„Davon bekomme ich Pickel“, sagte Antje ernst.

Dann lass sie einfach weg, wollte ich gerade sagen, da sagte Mike, er könne weder Kuhmilch noch Kuhmilchprodukte essen. Also auch diesen Käse nicht. Ob ich dass denn nicht gewusst habe und Schafskäse benutzt hätte.

„Sind das da Nüsse?“ wollte nun Marcel wissen.

Natürlich waren das Nüsse, auch wenn sie ein wenig so aussahen als könnten es Schafsköttel sein!

Er vertrage diese nicht.

Mit versteinertem Gesicht sah ich nun Regine an, wartete auf ihre Begründung, warum sie nicht wenigstens so tat, als ob sie mit Freude zugreifen würde. Diese Quiche war noch letztens der Hit, kam immer gut an. Es gab nie Beschwerden.

„Ich bin Vegetarierin!“

Sofort beschloss ich das Dessert nicht zu servieren, den Wein einzuschließen und den Wodka später allein zu trinken.