Morgengrauen



PERSONEN: Christine / Bastian

ZEIT: Morgens

ORT: Küche


1. S Z E N E

Christine sitzt im Nachthemd am Tisch und trinkt Kaffee. Bastian kommt in Unterwäsche.

CHRISTINE: Du hast stark geschwitzt, diese Nacht.

BASTIAN: Die Decke ist zu warm.

CHRISTINE: Du stinkst, wenn du schwitzt. Nimm die dünne Decke!

BASTIAN: Am Abend reißt du die Fenster auf, da wird es so kalt, da muß ich die dicke Decke nehmen. Jetzt hast du auch schon wieder das Fenster aufgerissen!

CHRISTINE: Willst du Kaffee?

BASTIAN: Wird ein langer Tag werden. Werde wohl eine Tasse trinken, um wach zu bleiben.

CHRISTINE: Dann mußt du dir welchen aufbrühen.

BASTIAN: Da ist noch Kaffee.

CHRISTINE: Meiner.

BASTIAN: Wird ja ein schöner Tag werden.

CHRISTINE: Mit einer schönen Tasse Kaffee am Morgen. - Wie sieht das Bad aus?

BASTIAN: Wie immer . . .

CHRISTINE: . . . wenn du drin warst. Ich kann es mir lebhaft vorstellen. Der Boden schwimmt, die Duschtasse voll Dreck und Schlamm, dazu deine Schamhaare . . .

BASTIAN: Was gibt es zum Frühstück?

CHRISTINE: Frühstück? Wir werden denn ganzen Tag fressen. Frühstück wurde gestrichen.

BASTIAN: Von wem?

CHRISTINE: Von mir!

BASTIAN: Du hast nur Angst davor, nicht ins Kleid hineinzupassen.

CHRISTINE: Du weißt gar nicht, wie das Kleid aussieht. Oder solltest du geschnüffelt, meinen Schrank durchsucht haben?

BASTIAN: Ich könnte mir was besseres vorstellen, als zwischen von deiner Großmutter geerbten Nachthemden und Wollsocken herumzuirren! Für irgendwelche Exfreunde gekaufte Reizwäsche! Dabei wölbt sich dein Bauch, als wärst du im fünften Monat!

CHRISTINE: Du mußt gerade das Maul soweit aufsperren. Bei dir verteilt sich der Speck gleichmäßig am ganzen Körper, von den Füßen bis zur Stirn.

BASTIAN: Jetzt phantasierst du.

CHRISTINE: Da nützt es auch nichts, wenn du stundenlang mit dem Schraubenzieher an der Waage herumfummelst!

BASTIAN: Apropos Fummeln. Wann haben wir eigentlich das letzte Mal?

CHRISTINE: Die Speckschicht scheint schon in deinem Kopf gewandert zu sein. Du vergißt aber auch alles! Im Alter soll ja das Kurzzeitgedächtnis nachlassen. - Was willst du denn jetzt am Kühlschrank?

BASTIAN: Cola.

CHRISTINE: Damit versaust du dir den Magen.

BASTIAN: Nicht so bitter wie dein Kaffee.

CHRISTINE: Ich trinke ihn mit viel Milch. Der Gesundheit wegen!

BASTIAN: Milch? Kann ich auch. Sieh!

CHRISTINE: Das willst du trinken?

BASTIAN: Was ist nun mit dem Frühstück?

CHRISTINE: Mach dir was. Ich brauche nichts.

Bastian nimmt sich Brot und will Butter darauf streichen.

CHRISTINE: Butter ist ungesund.

BASTIAN: Gut, dann nehme ich die Salami.

CHRISTINE: Untersteh dich. Die hat Guido aus Italien mitgebracht.

BASTIAN: Die vergammelt doch schon.

CHRISTINE: Die riecht nur so.

BASTIAN: Jaja, ich weiß, ich weiß, die muß so riechen.

CHRISTINE: Hat Guido gesagt.

BASTIAN: Jaja, dein Guido.

CHRISTINE: Ist nicht mein Guido!

BASTIAN: Kommt er auch?

CHRISTINE: Hast ihn selbst eingeladen.

BASTIAN: Da muß ich wohl kurzfristig meinen Verstand verloren haben.

CHRISTINE: Klingt nicht so, als hättest du ihn schon wiedergefunden.

BASTIAN: Wollte wohl nur freundlich sein.

CHRISTINE: Guido bringt seine Freundin mit.

BASTIAN: Wird ja eine schöne Schlampe sein!

CHRISTINE: Laß deine Finger von ihr.

Christine legt ihre Füße auf den Tisch und fängt an sie zu lackieren.

BASTIAN: Geh doch ins Bad!

CHRISTINE: Nun glotze nicht gleich auf die Uhr. Wir schaffen es schon. Brauchst gar nicht so zu tun, als wärst du aufgeregt.

BASTIAN: Ich bin die Ruhe selbst. - Gleich schüttest du mir noch deinen Nagellack auf mein Brot! - Wozu machst du das denn überhaupt? Willst du heute ohne Schuhe gehen?

CHRISTINE: Ich habe keine passenden bekommen.

BASTIAN: Bei deinen Füßen kein Wunder.

CHRISTINE: Gestern hast du sie noch massiert und abgelutscht.

BASTIAN: Darf ich noch mal?

CHRISTINE: Finger weg!

BASTIAN: Ich wollte nur mal . . .

CHRISTINE: Paß auf, sonst male ich deine Fingernägel auch noch an.

BASTIAN: Eine dezentere Farbe könnte mir ganz gut stehen.

CHRISTINE: Da hält dich gleich jeder für eine Schwuchtel.

BASTIAN: Besser als dein nuttenmäßiges Rot.

CHRISTINE: Über Nutten weißt du ja Bescheid!

BASTIAN: Stehen doch an jeder Straßenecke.

CHRISTINE: Ohne Schuhe!

BASTIAN: Natürlich nicht. So hochhackige Stiefel haben sie an.

CHRISTINE: Aber du kannst ihre lackierten Fußnägel sehen! Deine Stielaugen!

BASTIAN: Meine Eltern werden begeistert sein, dich so zu sehen!

CHRISTINE: Deine Eltern waren noch nie begeistert, mich zu sehen.

BASTIAN: Du benimmst dich ja auch unmöglich. Du mit deinen kleinen Geschenken. Erinnerst du dich noch? Sie hätten sich ihre Zähne fast ausgebissen, an diesem Wachsobst.

CHRISTINE: Es war ein Scherz. Geht.



2. S Z E N E

Bastian sitzt am Küchentisch, Essenreste darauf, ein Nutellaglas. Christine kommt.

BASTIAN: Du bist ja noch immer nicht angezogen.

Bastian ißt Nutella mit dem Löffel.

CHRISTINE: Ich habe dir doch verboten, mit dem Löffel . . .

Bastian wendet sich ab, versteckt den Löffel.

BASTIAN: Von welchen Löffel sprichst du? Ich sehe hier keinen Löffel.

CHRISTINE: Rück ihn raus. - Nun los, mach schon. - Soll ich ihn mir holen?

BASTIAN: Wo soll ich ihn versteckt haben? In der Unterhose vielleicht.

CHRISTINE: Warum nicht?

Christine geht ihm an die Wäsche.

BASTIAN: Finger weg!

CHRISTINE: Aber Bastian! Sonst bist du nicht so empfindlich.

BASTIAN: Ich muß mich auch noch anziehen.

CHRISTINE: Ich hab ihn. Ganz schön hart - der Löffel in deiner Hose.

BASTIAN: Laß mich mal deinen Stoff fühlen.

CHRISTINE: Hundert Pro Baumwolle.

BASTIAN: Fühlt sich aber wie Polysonstwas an.

CHRISTINE: Wie kommst du darauf?

BASTIAN: Ganz feucht.

CHRISTINE: Bild dir jetzt bloß nichts ein. Die Handtücher waren alle noch von dir ganz naß. Konntest wohl den Schlauch nicht unter Kontrolle halten.

BASTIAN: War ein verdammter Druck auf der Leitung.

CHRISTINE: Du schielst mit einem halben Auge zur Uhr.

BASTIAN: Mach ich nicht!

CHRISTINE: Ich sehe es doch.

BASTIAN: Bildest du dir nur ein.

CHRISTINE: Du bildest dir auch was ein. - Bin mal darauf gespannt, was du anziehen wirst. Du läßt dir ja jeden Blödsinn aufschwatzen, wenn ich einmal nicht mitkomme. Ohne mich würdest du immer noch herumlaufen, als wenn dich deine Urgroßeltern einkleiden würden, mit dem billigsten was Woolworth zu bieten hat, kombiniert mit den Angeboten von Aldi.

BASTIAN: Hattest ja keine Zeit, mußtest ja mit deinen Freundinnen auf diesen Schwof mit den billigen Gigolos. Vertretertypen mit Plattfüßen!

CHRISTINE: Es ist egal, was ich mit meinen Freundinnen unternehme. Was ist mit deinen Freundinnen?

BASTIAN: Ich kann's nicht mehr hören.

CHRISTINE: Ist die Watte vom Ohrstäbchen drin geblieben?

BASTIAN: Ich putz mir wenigstens meine Ohren.

CHRISTINE: Du befriedigst doch nur deine Lust mit den Stäbchen. Du müßtest mal dein Gesicht sehen, wenn du so völlig weltentrückt dastehst und das kleine Stäbchen zwischen deinen Fingern rührst.

BASTIAN: Ich habe jedenfalls keinen gelben, bitteren Kranz um meine Ohrlöcher.

CHRISTINE: Brauchst ja nicht deine schlapprige Zunge in mein Ohr zu bohren. So erotisch find ich das nicht. Du solltest aufhören, diese Magazine zu lesen.

BASTIAN: Ich lese keine von diesen Magazinen.

CHRISTINE: Ich weiß, du guckst dir nur die Bilder an.

BASTIAN: Lästere nur. Tangiert mich alles nur peripher.

CHRISTINE: Diese gewählte Ausdrucksweise. Wen willst du damit imponieren?

BASTIAN: Deine Mutter . . .

CHRISTINE: Meine Mutter!

BASTIAN: . . . sagte erst kürzlich . . .

CHRISTINE: Das war zu Weihnachten. Da ist sie selbst zu meinem Vater freundlich.

BASTIAN: . . . wie gewählt ich mich auszudrücken weiß.

CHRISTINE: Sie konnte einfach meinen Ex nicht leiden.

BASTIAN: Der Stoteteterer!

CHRISTINE: Du übertreibst. Er hat nur manchmal eine etwas verzögerte Lautbildung.

BASTIAN: Als der Idiot das letzte mal anrief, hat es fünf Minuten gedauert, bis ich endlich mitbekam, daß er dich sprechen wollte.

CHRISTINE: Wen sollte er sonst sprechen wollen? Dich?

Bastian beginnt den Tisch abzuräumen.

CHRISTINE: Was machst du da? - Laß alles stehen. Ich habe noch nicht gefrühstückt.

BASTIAN: Du wolltest doch nicht!

CHRISTINE: Wie kommst du darauf? Wann soll ich das gesagt haben?

BASTIAN: Bitte. Ich will mich ja nicht mit dir streiten.

CHRISTINE: Geh, zieh dich an.

BASTIAN: Du suchst doch nur eine Gelegenheit, um mir irgendwas auf die Hose zu schmieren, damit ich mich vor der versammelten Mannschaft lächerlich mache. Ich bleibe hier, in Unterhosen, bist du gegessen hast.

CHRISTINE: Ich habe keinen Hunger mehr. Jetzt nicht mehr.

BASTIAN: Kann ich also abräumen?

CHRISTINE: Wenn du unbedingt die Verantwortung dafür übernehmen willst, daß mein Magen die ganze Zeit gluckst und gluckert?

BASTIAN: Was willst du?

CHRISTINE: Fall mir nicht auf die Nerven.

BASTIAN: Ich räume alles weg.

CHRISTINE: Das wäre ja das erste Mal.

BASTIAN: Ich würde ja gern jeden Morgen . . .

CHRISTINE: Ich weiß schon, was du jeden Morgen gern tun würdest. Du kleiner, perverser Widerling.

BASTIAN: Bist du jetzt satt?

CHRISTINE: Ich kann solange und soviel essen wie ich will.

BASTIAN: Ich zieh mich an. Geht.




3. S Z E N E

Etwas später. Christine hat einen Kimono an, Bastian kommt in Hemd und Hose.

BASTIAN: Wie sieht das Hemd aus?

CHRISTINE: Geht so.

BASTIAN: Geht so. Ich habe eine Stunde gebügelt, bis es endlich faltenfrei war.

CHRISTINE: Ja du kauftest dir ein supertechnisches, hypermodernes, sauteures Bügeleisen und hast gehofft, nun würden sich die Hemden vor soviel Aufwand ergeben und sich glatt über den Bügel legen.

Bastian will sich eine Krawatte umbinden.

CHRISTINE: Wenn du weiter so an dem Kragen zehrst, war deine ganze Mühe für die Katz.

BASTIAN: Dann hilf mir doch endlich.

CHRISTINE: Stell dich vor den Spiegel!

BASTIAN: Da weiß ich nicht mal, welche Hand ich gerade sehe, wo vorn und hinten, wo wie was. - Nun hilf mir! - Bekommst auch einen dicken Kuß.

CHRISTINE: Ich bin schon geschminkt!

BASTIAN: Dann beglücke ich deinen Hals.

CHRISTINE: Mach doch!

BASTIAN: Was denn, heute keine Angst vor Knutschflecken?

CHRISTINE: Wirst schon sehen!

BASTIAN: Du riechst so süß.

CHRISTINE: Komm nur.

BASTIAN: Mein Lieblingsparfüm.

CHRISTINE: Das einzige, das du magst!

Er küßt ihren Hals.

BASTIAN: Bäh! Ist das bitter! Hast du dir Rattengift auf den Hals geschmiert?

CHRISTINE: Nur das süßliche Parfüm.

BASTIAN: Das riecht doch so süß, warum muß es so bitter schmecken?

CHRISTINE: Mein Hals kann dich nicht mehr locken. Es gab eine Zeit, da war dir keine Hürde zu hoch. Mit der Liebe ist es wohl vorbei!

BASTIAN: Sei froh, daß mir erst jetzt auffällt, was du da trägst.

CHRISTINE: Ist doch totschick.

BASTIAN: Man kann ja alles sehen! Schönes Kleid! So gehst du mir nicht auf die Straße.

CHRISTINE: Alle Männer würden sich nach mir umdrehen.

BASTIAN: Das könnte dir so gefallen!

CHRISTINE: Sicher.

BASTIAN: Weißt du, wie du aussiehst? Passend zum Nagellack auf deinen Füßen.

CHRISTINE: Das ist ein Unterrock.

BASTIAN: Ein was?

CHRISTINE: Du weißt nicht, was modern ist.

BASTIAN: Was nur beweist, daß ich nichts mit anderen Frauen habe. Wie du mir ständig unterstellst.

CHRISTINE: Fühle doch nur, Seide. Das kribbelt richtig auf der Haut.

BASTIAN: Wenn dich jemand aus deiner Sippschaft so sehen könnte!

CHRISTINE: Gehen wir noch einmal ins Bett?

BASTIAN: Guck mal lieber auf die Uhr!

CHRISTINE: Sonst verbreitest du ständig Geschichten von unserem Nachtleben. Aber deine schweinischen Geschichten glaubt dir niemand.

BASTIAN: Wir können ja mal sehen, was deine schwachsinnigen Verwandten mir alles glauben.

CHRISTINE: Untersteh dich! Außerdem hack du nicht immer auf meiner Mischpoke herum, du hast kein Recht dazu, bei deinem Anhang. Du mußtest ja gleich alle und jeden einladen. Die Schwachsinnigen und die Trübsinnigen!

BASTIAN: Blut ist eben Blut. Kann man nichts machen. Ich habe mir meine Geschwister nicht ausgesucht.

CHRISTINE: Die kommen auch?

BASTIAN: Können sich mit deinen Brüdern an einen Tisch setzen.

CHRISTINE: Sollten das Sportfernsehen dazu einladen.

BASTIAN: Wird ein astreiner Boxkampf werden.

CHRISTINE: Was sein muß, muß sein.

BASTIAN: Denk nur an die Geschenke.

CHRISTINE: Am liebsten Bares. Wir haben schon alles.

BASTIAN: Alles hat niemand.

CHRISTINE: Alles was wir benötigen und sie bezahlen können.

BASTIAN: Hoffe, sie haben sich abgesprochen.

CHRISTINE: Deine und meine Eltern sind sich nicht grün.

BASTIAN: Kein Wunder, bei den Roten in deiner Familie.

CHRISTINE: Besser als deine schwarzen Altfaschisten.

BASTIAN: Affen die schreien, beißen nicht.

CHRISTINE: Das sind die schlimmsten.

BASTIAN: Wird ein netter Tag werden.

CHRISTINE: Drei Toaster wirds geben! - Trägst du heute keine Socken?

BASTIAN: Kommt noch.

CHRISTINE: Welche Schuhe wirst du anziehen?

BASTIAN: Na die, die ich gestern geputzt habe.

CHRISTINE: Du putzt doch fast jeden Tag irgendwelche Schuhe.

BASTIAN: Das scheint dir nur so, weil du deine Schuhe nie putzt.

CHRISTINE: Hast du schon den Steuerberater angerufen?

BASTIAN: Ich kenne keinen Steuerberater.

CHRISTINE: Du wolltest doch . . .

BASTIAN: Du meinst den Mann von Birgit.

CHRISTINE: Ist das eine deiner Freundinnen, die ich noch nicht kenne?

BASTIAN: Hättest sie ja kennenlernen können!

CHRISTINE: Auf dieser Verkaufsparty. Bin ich denn total schwachsinnig?

BASTIAN: Ihr Mann ist kein richtiger Steuerberater.

CHRISTINE: Habe ich mir gleich gedacht. Woher solltest du schon einen Steuerberater kennen?

BASTIAN: Habe einen Termin für nächste Woche ausgemacht.

CHRISTINE: Warum hast du ihn nicht gleich eingeladen?

BASTIAN: Das wäre geschmacklos. - Ich bekomme kalte Füße.

CHRISTINE: Dann zieh dir Socken an.

BASTIAN: Wir müssen bald los.

CHRISTINE: Die anderen werden schon auf uns warten.

BASTIAN: Wie ich auf dich warten muß. Bist ja nie pünktlich! Eine Uhr, so groß wie die Tür, das wärs!

CHRISTINE: Auf wichtige Leute wird gewartet.

BASTIAN: Ist dein Lebensmotto!

CHRISTINE: Du hast auch auf mich gewartet. Fast dein ganzes, langweiliges, sinnloses Leben lang. Ja, du hast deine gottverdammte, gottgegebene Zeit vertrödelt, bis du endlich zugegriffen hast. Da willst du mich anpissen, nur weil ich mal zehn Minuten zu spät komme?

BASTIAN: Ich zieh jetzt meine Socken an.

CHRISTINE: Mir knurrt der Magen.

BASTIAN: Du bist nervös.

CHRISTINE: Bin ich nicht.

BASTIAN: Es wird Zeit.



4. S Z E N E

Christine trägt noch den Kimono, dazu Schuhe und Strümpfe. Bastian angezogen von den Schuhen bis zur Weste.

BASTIAN: Gehen wir jetzt?

CHRISTINE: So?

BASTIAN: Wir sind schon spät dran.

CHRISTINE: Nur die Ruhe!

BASTIAN: Ich zieh jetzt mein Jackett an und dann gehe ich.

CHRISTINE: Allein?

BASTIAN: Kannst ja mitkommen.

CHRISTINE: Du kannst auch allein gehen.

BASTIAN: Kann ich machen.

CHRISTINE: Mach schon, du Schlappschwanz. Traust dich ja doch nicht.

BASTIAN: Wirst schon sehen, alberne Kuh.

CHRISTINE: Muh, Muh!

BASTIAN: Bitte. Du hast es nicht anders gewollt.

Er geht.

CHRISTINE: Warte! Du machst uns lächerlich! Wir gehören zusammen wie ein rostiger Nagel und ein alter Schuh.

Bastian kommt zurück.

CHRISTINE: Du hast deine Jacke an! - Sag doch was! - Was hast du vor?

BASTIAN: Es ist Zeit.

CHRISTINE: Ich komme ja schon. - Ja, ich gehe ja schon! Geht.

BASTIAN: Ich rufe meinen Bruder an!

STIMME von CHRISTINE: Untersteh dich!

BASTIAN: Soll ich etwa selbst fahren?

STIMME von CHRISTINE: Ruf doch ein Taxi! Alter Knauser!

BASTIAN: Mein Bruder wartet auf uns.

STIMME von CHRISTINE: Er wird sich freuen, wenn er diesen Affenzirkus verpaßt. Glaub mir.

BASTIAN: Bist du bald soweit?

STIMME von CHRISTINE: Dreh dich um, dann kann ich kommen.

BASTIAN: Wenn du unbedingt willst.

Er dreht sich um. Sie kommt in einem Hochzeitskleid.

CHRISTINE: Jetzt.

Er schaut sie an.

BASTIAN: Mein Bruder wartet auf den Anruf. Es war doch alles abgesprochen. Es geht nicht ums Geld. Wird eh ein teurer Tag werden.

CHRISTINE: Ist das alles, was du zu sagen hast? - Du bist ein Ignorant, ein Egoist!

BASTIAN: Siehst nett aus.

CHRISTINE: Das ist alles? Siehst nett aus.

BASTIAN: Zum Anbeißen.

Er umarmt sie.

CHRISTINE: Ja, du Fisch, du!

BASTIAN: Ich kann den Unterrock fühlen.

CHRISTINE: Siehst gut aus in dem Anzug.

BASTIAN: Wir sollten uns vor den Spiegel stellen, dann könnten wir uns beide sehen.

CHRISTINE: Lieber nicht.

BASTIAN: Könnten stundenlang so dastehen und uns anschauen.

CHRISTINE: Wird ein schöner Tag werden.

BASTIAN: Wird unser Tag werden.

BASTIAN und CHRISTINE: Ich liebe dich!


ABBLENDE



mit Pamela Schiska und Nicos Bliefert als Christine und Bastian,

Christian Baumbach - Kamera, Ton und Schnitt,

Ralf Pfennig - Buch, Produktion und Regie.